Dienstag, 7. Januar 2014

Gladstone und Rockhampton ( 08.- 16. 12)

Ich buchte mir am Sonntag ein Ticket nach Gladstone. Eine Industriestadt, mit ca 30.000 Einwohnern. Gladstone ist geprägt durch den Kohleabbau, den Gewinn von Erdgas und den damit verbunden Hafen. Laut Alex, aus Bundaberg, gäbe es dort eine Vielzahl an Arbeitsplätzen. Ich dachte mir, wenn ich jemanden Vertrauen würde, dann Alex. Ich nutzte den Morgen für ein ausgiebiges Frühstück mit Ruymam und bereitete mir ebenfalls ein paar Sandwiches für die Fahrt vor, denn das Frühstück war im Hostel kostenlos mit einbegriffen. Dieses bestand in den meisten Hostels aus Toast, mit verschieden Aufstrichen und Kornflakes, dazu gab es meist einen Durchlauferhitzer für Wasser, sodass man sich Tee und Kaffee machen konnte.
Nach dem Essen checkte ich aus, aber verweilte noch ein paar Stunden in dem Gemeinschaftsbereich und schrieb Couchsurfinganfragen, sodass ich in Gladstone keine Unterkunft bezahlen müsse. Dazu kam noch, dass es dort nicht mal ein Hostel gab. Man schreibt also die Leute an, erzählt von seinen Gemeinsamkeiten und kopiert diesen Text dann unzählige Male und sendet es, natürlich mit vorher geänderten Namen, an alle Leute die zu finden sind. Allerdings bevorzugte ich eher alte Leute, da diese die besseren Kontakte haben und ich so vielleicht einfacher Arbeit finden konnte.
Ich klappte meinen kleinen Laptop zu, verabschiedete mich von Ruymam, der noch am selben Tag, per Anhalter, nach Süden fahren wollte, und ging vor die Tür, wo ein kleines Bus stand. Die meisten Hostels bieten ebenfalls einen solchen Bus an, mit denen die Gäste zur Stadt oder zur Busstation gebracht werden. In meinem Fall war es Letzteres und so erreichte ich nach ca. 10 Minuten bequem den Couchterminal von Hervey Bay. Nach eine kurzen Wartezeit, stand mein Greyhound-Bus ebenfalls dort und ich betrachtete, während der Fahrer eine Pause machte, mein neues Gefährt. Ein großer roter Reisebuss mit Klimaanlage, Ledersitzen, USB-Schnittstellen zum Aufladen und WLAN, was will man mehr! Während der Bus dann endlich in Bewegung kam, nahm ich meinem Laptop wieder raus und schrieb an meinem Blog, da ich schon damals einiges nachzuholen hatte. Während ich schrieb und surfte bemerkte ich auf Couchsurfing.com, dass mich jemand eingeladen hat, bei ihm zu verweilen. Er hieß Mike Koens und war 58, lebte in Gladstone und wohnte wohl etwas außerhalb, was ich aber nicht schlimm fand. Kurz bevor ich angekommen bin, schrieb ich Mike per SMS an und fragte ob er mich denn abholen könnte, denn mir ist aufgefallen, dass er 10 Minuten Autofahrt außerhalb wohnt, aber Mike erwies sich als ein gute Gastgeber und tat mir den Gefallen. Als ich dann in Gladstone ausstieg, fiel mir auf, dass die Stadt gar nicht so hässlich war. Das Wetter war angenehm, es gab direkt vor der Bushaltestelle einen Park und überall blühten bunte Blumen und Sträucher.
Nach weiteren 10 Minuten blinkte ein kleiner japanischer Wagen, wie ihn in Australien viele fahren, und bog in die Bushaltebucht ein und kam vor mir zum Stehen. Ein älterer Mann stieg aus und stellte sich als Mike vor. Er war mir auf anhieb sympatisch und machte einen netten Eindruck, jedoch sah er doch etwas älter aus als auf seinem Bild. Wir verfrachteten meine Gepäckstücke in sein Auto und fuhren los.
Als wir gerade ein Gespräch begonnen haben unterbrach er mich, verwies auf das Lied im Radio und drehte die Lautstärke satt nach oben. Er entschuldigte sich aber sagt, dass er das Gitarrensolo absolut stark findet und er dabei immer so abgeht. Naja, jedem das seine. Danach hatte er jedoch noch Zeit für einige Gespräche und so fuhren wir zu seinem Haus.
Er lebte in einem großen Haus etwas Abseits einer Hauptstraße. Er sagte, dass es viel zu groß für ihn alleine sei und das er deswegen einen Mitbewohner und gelegentlich Couchsurfer hatte. Er erzählte mir schon zu Beginn von seiner gescheiterten Ehe, weswegen er sogar die Stadt verlassen hat und nach Gladstone gezogen ist. Dort kaufte er dieses Haus nach ein paar Jahren, da er mit seiner nächsten Lebensgefährtin, seinen und ihren Kindern zusammen einziehen wollten, allerdings scheiterte dieses vorhaben ebenfalls nach ein paar weiteren Jahren und so habe er das Haus für sich alleine.
Wir stiegen aus und ich durfte zum ersten Mal sein Haus betreten. Das Erste was ich sah, war ein riesiger Billardtisch. Innerlich feierte ich schon eine dicke Party auf diese Tatsache, während Mike mir die weiteren Räume zeigte. Ich konnte kostenlos meine Klamotten waschen und zum Abendessen gab es „leftovers“, also aufgewärmte Reste vom Mittagessen (sehr typisch in Australien), mit Rum-Gingerbeer. Ich fühlte mich sichtlich wohl.
Während des Essens, erzählte Mike davon,dass er Faltschirmspringer sei, Kampfsport machte, bei der freiwilligen Feuerwehr helfen würde und Waisenkinder betreute. Man kann es jetzt auch übertreiben, aber besonders die Tatsache, dass er mit einem Fallschirm aus einem Flugzeug springt, machte mich Neugierig. Bevor ich Australien verlasse möchte ich auf jeden Fall nochmal selbiges tun. Ich weiß nur noch nicht, ob es ein durchschnittlicher Touri-Tandem-Sprung wird oder ob ich einen Tageskurs, zum Erlangen der Lizenz, belege und dann mit zwei weiteren Sprunglehrern springe aber dabei, die Leine selber ziehen darf und alles alleine mache.
Plötzlich öffnete sich die Tür und Paul kam rein, ein Mann in den vierzigern und mit einem deutlichen Bierbauch. Das Bild bestätigte sich auch direkt, als sich Paul ein Bier aus dem Kühlschrank holte und sich mir danach vorstellte. Beide Herren waren sehr unterhaltsam und wir verbrachten noch einen guten Abend zusammen, spielten Billard und gingen danach schlafen.
Jeden morgen an dem ich aufwachte, war ich alleine in einem großen Haus, das einem „Fremden“ gehörte. Ich frühstückte immer ausgiebig, zog mich um, spielte manchmal eine Runde Billard. Danach jedoch machte ich mich immer auf den Weg in die Stadt. Wie? Naja... Ich ging einfach bis an die Hauptstraße und ballte meine Hand, mit dem Daumen nach oben gestreckt. Das internationale Zeichen für: „ Ich brauche eine Mitfahrgelegenheit!“
Manchmal klappte das sehr schnell, manchmal aber auch nicht. Auf diesem Wege lernte ich aber viele Leute kennen. So sprach ich z.B. mit einem Mann, der Kapitän auf einem Zugschiff im Hafen ist und einem alten Mann, dessen Frau krank im Krankenhaus lag. Dann ging ich meist in die Bibliothek und suchte, mit dem dortigen WLAN, auf Gumtree.com.au nach Jobs. Die Ausbeute war überschaubar und schon nach 3 Tagen fasste ich den Entschluss, dass die Jobsuche in Gladstone keinen Sinn macht. Das schlimmste war jedoch der 2 Stunden-Fußweg zurück zum Haus. Ich bin zwar wirklich gut im zu Fuß gehen aber der Weg war eine Qual. Außerdem halten es die Australier nicht für nötig, überall einen Fußgängerweg anzulegen. So durfte ich am Ende meiner Strecke noch ca. 20 Minuten an einem Highway entlang laufen, da es sonst keine andere Möglichkeit gab.
Aus bequemlichkeit und weil ich keinen neue Couch gefunden habe, blieb ich fast eine ganze Woche. Wir tranken viel Bier mit Paul, ich begleitete Mike an seinem freien Tag zu verschiedenen Privatleuten, die ihn beauftragt haben, er zeigte mir seinen richtigen Arbeitsplatz und ich aß das erste Mal einen „Meatpie“. Es war eine gute Zeit, die ich in Gladstone hatte, auch wenn sie nicht mit beruflichen Erfolg gekrönt wurde. Couchsurfen ist mittlerweile meine bevorzugte Unterkunftsart, da man so viele vermeintlich Wildfremde Menschen besser kennen lernt.




Deswegen, zog es mich auch weiter nach Rockhampton, dem selbernannten „Beef Capital“ (Rindfleisch-Hauptstadt). Dort leben ca. 61.000 Bewohner, die diesen Spitznahmen wohl erfunden haben, da es dort sonst nichts gab. Als ich raus gegangen bin, um diese selbsternannte Hauptstadt zu besichtigen und nach vermeintliche Arbeitsplätze zu suchen, war ich einfach überwältigt, denn ich habe noch nie so eine langweilige Stadt gesehen. Das spannendste an Rockhampton ist, wenn ein Lastwagen, beladen mit Rindern, an dir vorbeizieht. So stoppte ich am Fritzroy River und starte in einen braunen Fluss. Ich hatte nur eine Frage... WAS MACHE ICH HIER?
Warum lief meine Jobsuche nicht gut? Weil ich nicht wirklich hier arbeiten wollte. Ich wollte nicht in einer leeren, langweiligen Stadt bleiben und vor allem wollte ich an Weihnachten alleine in einer kleinen Stadt versauern und das Fest alleine verbringen. Ich wollte in die Großstadt, wo ich etwas besonderes erlebe und Silvester auf eine einzigartige Weise feiern kann. Mit anderen Worten, ich wollte nach Sydney! Aber diese Idee war einfach nur dämlich und irrational, diese Idee machte absolut kein Sinn. Ich musste mir eingestehen, dass ich einen Fehler gemacht habe, allerdings war ich fast Pleite und hatte ein Busticket. Ich saß also auf einer kleinen Mauer, trank eine Schluck und dachte eine Weile nach, ohne wirklich zu Denken.
Ich hatte zwei Optionen: Entweder ich bleibe irgendwo in Queensland und versuche einen Job zu finden oder ich fliege nach Sydney, zu einer Zeit, wo Jobs selten und Hostels besonders teuer sind und kämpfe dort ums Überleben.

Ich schaute weiter ins Leere und wog die beiden Optionen ab, obwohl ich eigentlich schon wusste, welche Wahl ich treffen werde. Ich sah meine Zukunft nicht in Rockhampton, ich wollte einfach nur nach Sydney. Noch an Ort und Stelle holte ich mein Handy hervor und googelte nach dem billigsten Flug nach Sydney. Ich sah, dass der billigste Flug am nächsten Tag geht, für 100€ würde ich eine Flug von Rockhampton nach Sydney buchen können. Ich versäumte keine weiter Minute und ging zurück zu Wohnung, wo sich mein Laptop befand. Ich buchte die insgesamt zwei Flüge und ging mit gemischten Gefühlen ins Bett. Einerseits war ich glücklich, andererseits wusste ich, dass ich gerade auf die Überholspur in Richtung Armut gezogen habe. Also lief ich am Dienstag die ca. 3 Km zum Flughafen Rockhampton, bei 30 Grad, denn ich sehe es nicht ein, die 4 Dollar für einen Bus zu bezahlen, da ich doch 2 gesunde Beine habe. Angekommen wartet ich gepannt darauf, dass mein Flug freigegeben wir und am Abend ging ich dann endlich auf dem Flughafenfeld in Richtung Flieger. Das Flugzeug wurde von der Abendsonne umspielt und glänzte in einem anmutigen Licht, ich musste sofort grinsen, ich hatte die Sonnenbrille auf, die Sonne lachte mich an, vor mir stand ein majestätisches Flugzeug, die Stewardess begrüßte mich und ich wusste, dass ich das Richtige mache. Noch dazu liebe ich es zu fliegen, ich finde es geil wenn die Triebwerke aufheulen und ein mehrere Tonnen schweres „Ding“ in die Luft hebt. 


Nach Eis, Bier und einem Zwischenstopp in Brisbane, erreichte ich den Luftraum über Sydney. Während ich im Fernseher die Auslosung der Champions League sah, erschienen unter mir Lichter, viele Lichter, ein Meer aus Lichtern, ich war über Sydney. Endlich befand ich mich wieder in einer Großstadt. Jetzt heißt es wirklich: Get rich or die tryin`! 

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